Sachmängelhaftung in der Aquaristik, warum ist der Kunde so oft der Trottel?

Lübke . /. Megazoo

Die Geschichte von ~3,5 Jahren Streit um rund 100 kg Aquarienkies

Wenn man verschiedenen Statistiken Glauben schenkt, macht die Aquaristik-Branche jährliche Umsätze im mehrfach dreistelligen Millionenbereich. Ob diese Zahlen korrekt sind, vermag ich nicht zu beurteilen. Überschlage ich meine eigenen Ausgaben für das Hobby, hege ich jedoch wenig Zweifel an deren Richtigkeit.  Man muss sich wohl auch nichts vormachen,  wäre diese Branche nicht lukrativ, hielten sich nicht so viele Firmen über Jahre und Jahrzehnte mit reinen Aquaristik-Sortimenten am Markt. Gefühlt werden es immer mehr.

Viel Geld für einen Luxus namens Aquarium

Kein Mensch braucht ein Aquarium. Man braucht Essen, Trinken, Kleidung et ce­te­ra pp., aber man kann – auch wenn es hart wäre – ohne ein Aquarium leben. Was ich sagen möchte ist: Wir Aquarianer geben – just for fun – sehr viel Geld für einen Luxus namens „Aquaristik“ aus.  Von diesen unseren Ausgaben lebt die Aquaristik-Branche. Man sollte also meinen, wir Aquarianer wären geschätzte Kunden.

Schuld ist dennoch meist der Kunde

Seit Beginn meiner „Aquarianer-Karriere“ erlebe ich es so, dass man die Schuld vorzugsweise bei mir sucht, sobald etwas schiefgeht. Handelt es sich um Tiere, sind meine Wasserwerte schlecht, die Eingewöhnung lief falsch oder es lag am Futter. Verabschiedet sich Technik, dann habe ich diese zunächst  falsch bedient. Die lustigste Aussage, mit der ich im Zuge einer Reklamation mal konfrontiert wurde, war: „Auf Plastik gibt es keine Garantie.“ *hüstel*

Sicher, es gibt auch Firmen und Händler, die Reklamationen unbürokratisch abwickeln. Als Otto Normalverbraucherin erlebe ich jedoch in keiner anderen Branche so oft, dass man sich aus der Sachmängelhaftung herauszuwinden versucht, indem man mir Unwissenheit unterstellt.

Irgendwann reicht es!

Anfangs habe ich das einfach geschluckt. Nach fast 25 Jahren mit diesem Hobby bin ich sicherlich nicht allwissend, aber allemal so erfahren, wie manch einer, der sich „Fachverkäufer“ nennt.

In den vielen Jahren mit meinem Hobby habe ich hierfür mehrfach 5-stellig Geld ausgegeben. Deshalb habe ich mir irgendwann geschworen: Es reicht! Ich lasse mir das so nicht mehr gefallen! Diesen Punkt hatte ich im Spätsommer 2017 erreicht, als ich mich erstmals entschloss, einen Rechtsbeistand einzuschalten.

Was ist passiert?

Im Zuge eines Rohrbruchs und notwendiger Stemmarbeiten an der Bodenplatte im Erdgeschoss musste ich Hals über Kopf mein 450-Liter-Becken leeren, da dieses zu Schwingen begann.

Zwangsläufig stand in den Folgetagen eine Neueinrichtung ins Haus. Der Kies in dem Becken begleitete mich seit vielen Jahren, war hell, kantig und gefiel mir nicht mehr. Außerdem hatte er sich mit dem Bodengrund vermengt, es sollte also neuer werden.

Der neue Kies sollte dunkel, aber kein Farbkies sein. Ich recherchierte ausgiebig im Web und stieß auf den Naturkies „Black Sambia“ der Firma Colorstone.
Dieser gefiel mir ausgesprochen gut. Natürlich, dunkel, abgerundet, nur nicht ganz günstig. Aber was solls. Ich machte mich also auf die Suche nach einem Händler, der diesen Kies führt. Dies gestaltete sich zunächst kompliziert, schlussendlich wurde ich jedoch in einer Kölner Megazoo Filiale fündig. Ich wurde sehr nett bedient, als ich für rund 230,00 Euro Aquarienkies in meinen Einkaufskorb lud.

Schnell getrübte Freude

Nach der Neueinrichtung meines Aquariums gefiel mir zunächst was ich sah. Der Kies hätte etwas feiner sein können. Dies fiel mir insbesondere beim Einsetzen sehr filigraner Pflanzen auf. Ansonsten war ich jedoch sehr zufrieden.

Um meinen späteren Ärger besser verstehen zu können, sollte ich vielleicht nicht unerwähnt lassen, dass auch eine neue Back to Nature Rückwand, neue Wurzeln und komplett neue Pflanzen zu meiner Neueinrichtung gehörten. Ich hatte also mal wieder tief in die Tasche gegriffen.

Kieselalgen und Unmengen Silikat

Leider wurde die Freude am schönen Becken sehr schnell getrübt. Bereits nach sehr kurzer Zeit legte sich ein fieser brauner Film über die gesamte Einrichtung.

Manch einer sagt nun vermutlich – normal in der Einfahrphase. Nicht aber in diesem Fall.  Ich nutzte zu diesem Zeitpunkt schon einige Jahre ausschließlich remineralisiertes Osmosewasser. Da der Silikatgehalt im hiesigen Leitungswasser recht hoch ist, hängt hinter meiner Osmoseanlage zusätzlich eine KartuscheWerbung mit dem sogenannten Reinstwasserharz Duresin RIWerbung. Dieses Harz eliminiert erfolgreich all das, was von der Osmoseanlage durchgelassen wird, insbesondere Silikat.

Kieselalgen gehörten für mich also schon länger der Vergangenheit an. Umso erstaunter war ich über das Ausmaß des Algenbefalls. Zudem ließ sich diese Kieselalge – anders als ich es kannte – nicht einfach mit einem Fingerwisch entfernen.

Ursachenforschung, woher kommt das viele Silikat?

Zuerst testete ich mein Aquarienwasser mittels TestlösungWerbung auf Silikat. Der Test fiel so dunkel aus, dass ich ihn kaum mehr ablesen konnte. Im nächsten Schritt versuchte ich herauszufinden, warum so viel Silikat in meinem Wasser war. Ich hatte spontan meine Osmoseanlage unter Verdacht und testete folglich als Nächstes das Osmosewasser auf Silikat. Zu meiner Verwunderung zeigte dieser Test null Silikat an.

Ich brauchte tatsächlich einige Zeit und unter anderem auch ein Gespräch mit einem Biologen, bis ich meinen Fokus auf den neuen Kies richtete. Testweise legte ich eine Handvoll Kies in destilliertes Wasser ein. Selbst dieses habe ich vorab auf Silikat getestet, um sicherzugehen. Bereits eine halbe Stunde später konnte ich im Wasser des Versuchsaufbaus Silikat nachweisen.  Also startete ich einen etwas umfangreicheren Test.

Testaufbau zum Nachweis von Silikat, freigesetzt durch Aquarienkies

Um schlüssig belegen zu können, was eigentlich an dieser Stelle bereits klar war, führte ich einen ausführlichen Test durch und dokumentierte sowohl meine Vorgehensweise als auch meine Testergebnisse.

Hierzu legte ich 1kg des besagten Kieses in 5 Liter destilliertes Wasser ein und  testete das Wasser aus meinem Versuchsaufbau in regelmäßigen Abständen.

Die nachweisbare Menge Silikat steigerte sich fast täglich. Da die Farben der Testlösung nicht immer exakt zuordenbar war, habe ich die Zeichen  > und < genutzt, um mein Messergebnis zu konkretisieren.

TestzeitpunktSilikatwert
03.08.2017< 0,1
03.08.20170,2(>)
04.08.20170,8(<)
05.08.20171,2(>)
06.08.20171,6(>)
07.08.20171,6(>)
08.08.20172,0(<)
09.08.20172,0(> >)
10.08.20172,0(> >)
11.08.20172,0(> >)
12.08.20172,0(> >)
13.08.20172,0(> > >)
24.08.20176,0(> >)

Nachfolgend noch einige Fotos meiner Wassertests. Ich habe natürlich täglich fotografiert, denke jedoch, man kann sich auch anhand einiger Fotos durchaus ein Bild machen.

Im Laufe dieses Tests wurde zumindest für mich klar, dass mein Silikatproblem zweifelsfrei vom neuen Kies verursacht wird. Zeit, sich an den Händler zu wenden, bei dem ich ihn gekauft hatte.

Der Versuch einer Reklamation

Ich versuchte zunächst telefonisch mein Glück. Die Freundlichkeit des Mitarbeiters am anderen Ende der Leitung ließ sehr schnell zu wünschen übrig. Überdies kamen verschiedene Äußerungen zum Sachverhalt, die ich bereits in dieser Art erwartete und die sinngemäß wie folgt, lauteten:

  • Das kann nicht sein, wir nutzen den Kies schon seit Jahren.
  • Wir hatten noch nie Probleme mit dem Kies.
  • Sie sind die erste Kundin, die das bemängelt.
  • Das Silikat kommt mit ihrem Leitungswasser in ihr Aquarium.
  • Kommen Sie mit einer Probe ihres Aquarienwassers in die Filiale, damit wir es testen können.

Die Begriffe „Osmoseanlage“ und „Reinstwasserfilter“ hatte der Mitarbeiter offenbar mit einer Rückhalterate von 100% aus  unserem Gespräch herausgefiltert. Ich wiederum verstand nicht, wozu ich mit einer Wasserprobe nach Köln fahren sollte. Dass dieses Silikat enthielt, war ja bereits klar. Seitens des Händlers war man zu diesem Zeitpunkt bereits überzeugt, der Kies setzt kein Silikat frei,  ursächlich für mein Problem ist das hiesige Leitungswasser.
Was genau sollte also die Wasserprobe – mit der ich gut 50 km weit fahren sollte – belegen? Die Herkunft des Silikats? Wohl kaum!

Ich bat also meinen Gesprächspartner eine Handvoll des besagten Kieses in destilliertes Wasser einzulegen und dieses Wasser nach einer Stunde auf Silikat zu testen. Das würde mir Zeit und den Weg nach Köln ersparen und Aufschluss darüber geben, wie ich zu meiner Behauptung komme.

Leider war man scheinbar nicht willens, dieser Bitte nachzukommen und ich sah wiederum nicht ein, für einen völlig unsinnigen Wassertest zusätzliche Kosten auf mich zu nehmen.

Versuch zwei, der Schriftweg

Während ich mit unzähligen Wasserwechseln – wohlgemerkt mit Osmosewasser – und diversen Packungen Silikat-ExWerbung krampfhaft versuchte, mein Becken zu retten und nebenher noch alles gerichtstauglich dokumentierte, wendete ich mich nun auf dem Schriftweg an Megazoo-Köln. Vielleicht würde die Sache ja hier von jemandem kundenorientiert und sinnvoll angegangen.

Wie befürchtet kamen auch auf dem Schriftweg die Standardantworten. Der Kies war auf gar keinen Fall ursächlich, einzig und allein mein Leitungswasser sei Verursacher des Problems. Auch während dieser Kommunikation fragte ich mich, ob ich die Begriffe „Osmoseanlage“ und „Reinstwasserfilter“ vielleicht mal buchstabieren sollte. Im Grunde wollte ich zu diesem Zeitpunkt lediglich den Kies zurückgeben und mein Geld zurückerhalten. No way!

Statt – wie von mir vorgeschlagen – den Kies auf Silikat zu testen, versuchte man mir nun auf ganz clevere Art zu belegen, dass ich im Unrecht bin. Man teilte mir mit, dass man sich erlaubt habe, bei einem Euskirchener  Großkunden eine Wasserprobe aus dem Euskirchener Leitungswassersnetz zu nehmen. Diese habe man vom hauseigenen Aquarienspezialisten der Filiale Köln komplett analysieren lassen. Bei dieser Analyse gelangte man zu dem Ergebnis, dass unser Leitungswasser einen Silikatgehalt von 2mg/l aufweist. Weiter stellte man fest, dass dieser Wert sehr hoch sei und zwingend zu Problemen in einem Aquarium führen wird. Da ist man geneigt, sich kurz mal an den Kopf zu packen.

Zum einen sind diese Werte über den Wasserversorger abfragbar und zum anderen ist es unstrittig, dass hiesiges Leitungswasser Silikat enthält. Unter anderem deshalb gönnte ich mir ja den recht teuren „Spaß“ mit der OsmoseanlageWerbung. Was aber besonders witzig ist, der Stadtbereich Euskirchen wird von drei verschiedenen Wasserwerken versorgt, wobei das Dorf, in dem ich lebe, der einzige Ort ist, der vom Wasserwerk  Ludendorf versorgt wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass besagter Großkunde in unserem Kaff sitzt, ist relativ gering.  Welches Wasser da auch immer einer „professionellen Spezialanalyse“ unterzogen wurde, es war vermutlich nicht dasselbe, das aus unserer Leitung kommt. Die Tatsache, dass der bedenkliche Silikat-Wert von 2mg/l maximal ein Drittel dessen war, was in meinem Aquarium nachweisbar war, hätte nachdenklich stimmen sollen. Hat es aber offenbar nicht.

Was sagt der Hersteller dazu?

Parallel kontaktierte ich den Hersteller des Kieses. Dieser zeigte sich erstaunt und gab vor, am Sachverhalt interessiert zu sein. Man wollte diesbezüglich eigene Tests anstellen. Leider war ab diesem Zeitpunkt niemand mehr für mich erreichbar und auch auf dem Schriftweg erhielt ich keine Rückmeldung mehr.

Was ist eigentlich mit der Beweislastumkehr

In § 477 BGB heißt es zur Beleislastumkehr wie folgt:

Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar.

In der Konsequenz bedeutet das, im Falle einer Reklamation innerhalb der ersten 6 Monate nach Kauf, muss der Verkäufer dem Käufer beweisen, dass die verkaufte Ware zum Zeitpunkt des Verkaufs frei von Mängeln war.

Man versuchte mir zwar immer wieder zu beweisen, dass Euskirchener Leitungswasser Silikat enthält und auch dass eine Osmoseanlage allein nicht 100% Silikat zurückhält. Ich kann bis heute jedoch keinen einzigen Versuch erkennen, mit dem man mir die Makellosigkeit des Kieses zu belegen versuchte. Dabei wäre dies doch so einfach gewesen. Oder doch nicht?

Die nächste Neueinrichtung und ab zum Anwalt

Nach einigen Wochen gab ich den Kampf gegen das Silikat auf. Die Kosten für die Wasseraufbereitung und Silikat-Ex waren irgendwann nicht mehr zu überschauen, denn ein Beutel Silikat-Ex war in Lichtgeschwindigkeit gesättigt. Trotz mehrerer großer Wasserwechsel wöchentlich.

Da sich Bodengrund und Kies beim Leeren des Beckens vermischten, waren auch mehrere Eimer Deponit-Mix für die Tonne. Die Pflanzen hatten unter der Algenschicht im Laufe der Wochen auch Federn gelassen und obendrein hatte ich keine Lust, mir die ganze Arbeit zu machen, um dann ein Becken mit veralgtem Dreck zu gestalten. Ich kaufte also erneut alles neu, inklusive Rückwand. Denn von dieser bekam ich den braunen Siff nicht mal mit einer Bürste runter. Ich wollte so kein neues Becken haben.

Aus Erfahrung lernend, testete ich alle für mich infrage kommenden Kiese ab jetzt vorab auf die Freisetzung von Silikat und war erstaunt, dass mein Kies nicht mal eine Ausnahme war. Ein identisch aussehender Kies eines anderen Herstellers ließ einen Silikat-Test auch recht schnell Farbe annehmen, aber auch völlig andere Kiese.

Außerdem beauftragte ich nun einen Anwalt mit der Durchsetzung meiner Interessen, denn die Kosten, die mir inzwischen entstanden waren, wollte ich nicht mehr auf meine Kappe nehmen und eine gütliche Einigung schien schier unmöglich.

Außergerichtliche Einigung

In der Hoffnung, dass man meinen Anwalt etwas ernster nimmt, als mich und wir eine außergerichtliche Einigung erzielen können, ließ ich ihn das nächste Schreiben aufsetzen. Auch er war der Ansicht, dass die Beweislastumkehr hier eigentlich Anwendung finden sollte.

Schnell zeigte sich aber auch hier, dass man mit Einsicht nicht zu rechnen hatte. Es gab einiges an Schriftverkehr, der Tenor der ganzen Korrespondenz war jedoch unverändert die Auffassung, dass der Kies mit meinem Silikatproblem nichts zu tun hatte. Zu dem üblichen Schuldigen – meinem Leitungswasser – geriet an irgendeiner Stelle dann auch noch meine Rückwand und der hierfür verwendete Kleber unter Verdacht.

Vor dem Hintergrund, dass ich das Becken inzwischen mit anderem Kies, aber identischer Rückwand und  identischem Kleber neu eingerichtet hatte und keinerlei Silikat-Probleme mehr hatte, war das Ganze irgendwann fast schon lächerlich. Ich hatte das Gefühl, dass alle von mir angebrachten und durchaus nachvollziehbaren Argumente kategorisch ignoriert wurden. Das befeuerte meinen Ehrgeiz, die Sache zu einem – für mich akzeptablen – Abschluss zu bringen.

Der Klageweg

Nachdem alle Versuche, einer außergerichtlichen Einigung im Ansatz scheiterten, entschloss ich mich, auch das letzte Register zu ziehen. Mein Anwalt reichte Klage ein. Hieraus resultierend kam es dann am 07. Juli 2020 zu einer Verhandlung vor dem Amtsgericht in Köln.
Ich bereitete mich ausführlich auf diesen Termin vor.  Die Dokumentation meines Tests mit den dazu gehörenden Fotos druckte ich aus. Anhand von zusätzlichen Fotos belegte ich das Vorhandensein meiner Osmoseanlage nebst Reinstwasserfilter und einen gemessenen Leitwert meines Permeats von 3 ppm.

Die Gerichtsverhandlung

Der Richter begann die Verhandlung mit einem Vergleichsvorschlag. Danach hielt er eine Entschädigung in Höhe von 454,26 Euro für angemessen. Dies entsprach gerade mal 25% meiner Gesamtforderung in Höhe von 1.781,42 Euro. Darüber hinaus sollte ich nach diesem Vergleichsvorschlag 2/3 der Gerichtskosten tragen.

Ich hatte das Gefühl, der Richter sah hier zunächst einen Laien gegen einen Fachmann antreten und kam so zu diesem Vergleichsvorschlag. Ich hatte aber noch gar keine Gelegenheit gehabt, dem Richter zu belegen, dass ich durchaus wusste, wovon ich rede. Fazit: Ich lehnte diesen Vergleichsvorschlag ab. Ob die Gegenseite dem Vergleich zugestimmt hätte, weiß ich nicht.

Um guten Willen zu zeigen und die Sache endlich zu einem Ende zu bringen, bot ich nach Rücksprache mit meiner Anwältin einen Vergleich von 1/2 zu 1/2 an. Mein Lebensgefährte wurde als Zeuge gehört, denn inzwischen sollte ich sogar beweisen, den Kies überhaupt gekauft und genutzt zu haben.

Außerdem bekam ich nun die Gelegenheit, dem Richter meine Fotodokumentation vorzulegen und zu erörtern. Für ihn war nun nachvollziehbar, wie ich zu meiner „Behauptung“ kam und ich hatte das Gefühl, er maß meiner Meinung nun doch etwas mehr Bedeutung bei.

Argumentation des anwesenden Fachverkäufers

Im weiteren Verlauf der Verhandlung zog der vertretende Mitarbeiter der Fa. Megazoo in Erwägung, dass ich mein Osmosewasser falsch aufbereite. Würde ich das Osmosewasser erst nach dem Einfüllen in das Becken remineralisieren, so könne es sein, dass durch das sehr saure Wasser vermehrt Silikat gelöst wird.
Ich erwiderte dies mit der Frage, ob der Kies dann für Weichwasserbecken gänzlich ungeeignet wäre? Ich erinnere mich nicht, hierauf eine Antwort bekommen zu haben.

Dafür erfuhr ich im weiteren Verlauf dieser „Unterhaltung“, dass Kieselalgen keine Algen, sondern Bakterien seien. Ich hinterfragte, ob wir inzwischen über Blaualgen reden oder noch immer beim Thema Kieselalgen sind. Man bestätigte mir, über Kieselalgen zu reden. Nun gut. Das lasse ich einfach mal so stehen.

Nachdem ich anhand meiner Fotos relativ schlüssig belegt hatte, dass mein Leitungswasser nicht der Verursacher des Problems ist, gerieten nun wieder die Back to Nature Rückwand und der Kleber in den Fokus. Die Vertreter der Firma Megazoo lehnten schlussendlich den vorgeschlagenen Vergleich ab. Alles lief nun auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens hinaus und so endete die Verhandlung zunächst ergebnislos.

Erstellung eines Sachverständigen-Gutachtens

Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger aus München wurde mit der Aufgabe betraut, ein Gutachten zur abschließenden Klärung der Streitigkeit zu erstellen. In diesem Gutachten sollte unter anderem festgestellt werden, ob der Black Samibia Kies tatsächlich Silikat freisetzt und/oder, ob der von mir verwendete Kleber Silikat an das Aquarienwasser abgibt.

Hierzu waren beide Parteien aufgefordert dem Gutachter jeweils 2 kg Kies zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren erhielt ich einen umfassenden Fragebogen, den ich ausgefüllt an den Gutachter zurücksenden musste. Danach durfte ich mich erstmal wieder in Geduld üben, aber das ist man als Aquarianer ja gewohnt.

Das Gutachten

Am 27. Januar 2021 erhielt ich dann endlich das Gutachten. In diesem Gutachten ist die Vorgehnsweise des Gutachters genaustens dokumentiert worden. Das Gutachten sagt schlussendlich aus, dass der von mir verwendete Kleber kein Silikat an das Wasser abgibt.
Der getestete Kies hingegen setzt – so sinngemäß der Gutachter – binnen 7 Tagen die 10fache Menge (!) dessen an Silikat frei, was in einem Süßwasseraquarium zumutbar wäre. Ich kann euch sagen, das ging runter, wie Öl.

Das Anerkennungsurteil

Zu einem „herkömmlichen“ Urteil kam es in diesem Verfahren nicht, da die gegnerische Seite nach Erhalt des Gutachtens meinen Anspruch an sie anerkannte. So kam es zu einem Anerkennungsurteil des Amtsgerichts Köln, welches meiner Anwältin am 21. März 2021 zugestellt wurde. Aus diesem Urteil ging hervor, dass der von mir bezifferte Schadensbetrag in Höhe von 1.781,42 Euro – zuzüglich Zinsen – an mich zu zahlen war. Ich vermute, dass man mit dieser Art von Urteil, Konsequenzen für den weiteren Vertrieb des Kieses vermeiden konnte.

Am 07. April 2021 – fast 3,5 Jahre, nachdem der ganze Horror begann – konnte ich mich dann über einen nennenswerten Zahlungseingang in meiner Aquaristikkasse freuen. Und das tat ich auch. Aber wie!

h

Fazit

Recht haben und Recht bekommen ist zweierlei.

Bevor man sich streitet, sollte man immer auch mal nach links und rechts schauen und ein Eigen- oder Mitverschulden nicht kategorisch ausschließen. Wenn man sich seiner Sache danach noch immer sicher ist, dann kann es sich durchaus lohnen, Geduld aufzubringen und für sein Recht zu kämpfen.

In diesem Falle, war ich im Laufe der Zeit immer wieder mal geneigt, die Sache sausen zu lassen. Es war tatsächlich dieser gefühlte „Blick von oben herab“ auf mich – die unwissende Hobbyistin – der meine Triebfeder wurde, das Ganze bis zum bitteren Ende durchzuziehen.

An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei der Rechtsanwaltskanzlei ZHS in Euskirchen – besonders bei Frau Simone Zervos – für die kompetente Unterstützung und Beratung bedanken.

3 Kommentare

  1. Mir als Verkäufer sträuben sich die Haare das da keine Bereitschaft war in irgendeiner weise Kundenorientiert zu handeln.
    Sicherlich ist die Summe schon ein brocken und hier wurde versucht eben die Situation aus zu sitzen weil eben nicht jeder diesen Weg gehen würde.
    Aber allein bei deiner Bitte Sie sollen doch den Kies mal selber ins Wasser geben und Testen… wollte ich schreien… das da nichts kam.
    Vielen Dank für deinen Bericht.

    • Hallo Sascha, danke für Deinen Kommentar. Ich habe selbst mal in dem Bereich gearbeitet und hätte mir auch nicht vorstellen können, so zu agieren. Man war dort leider konsequent arrogant, egal, mit wem ich kommuniziert habe. Der Betrag war ursprünglich eigentlich gar kein Brocken. Anfänglich wollte ich lediglich den Kies zurückgeben und den Kaufpreis erstattet haben. Zu einer kleinen Wiedergutmachung hätte ich sicher auch nicht nein gesagt, aber um mehr ging es nicht. Eine ganz simple Reklamation, wie man sie bei 1000 anderen Dingen auch vornimmt. Zu der war man nicht bereit. Dass sich das Ganze letztlich so hochschaukelte und summierte, war der Tatsache geschuldet, dass man mich als unfähig und damit als Verursacherin des Problems ansah, nicht den mangelhaften Kies.

  2. hallo Andrea,
    Danke für den interessanten, hilfreichen und umfangreichen Bericht. Ich habe inzwischen seit über einem Jahr ein ähnliches Problem mit dem Silikatwert (alle anderen Werte sind Topp). Und immer wieder Produkte zu kaufen, die den Wert senken, ist KEINE Lösung. Ich versuche nun „Schritt für Schritt“ die Ursache einzugrenzen, vermutlich ist es auch der verwendete Zierkies. Gruß & viel Freude mit deinem Becken

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