Durch meinen Aquaristik-Blog bin ich seit Ende letzten Jahres auch zu diesem Thema auf Instagram aktiv. Auf eine entsprechende Facebookseite habe ich gezielt verzichtet, da das Niveau auf Facebook – nach meinem Empfinden – kontinuierlich sinkt. Leider ist das auf Instagram – bei genauerem Hinsehen zumindest in Teilbereichen – nur noch unwesentlich anders.
Ich sehe eine Plattform wie Instagram grundsätzlich als Gelegenheit, mich mit Gleichgesinnten zum Thema Aquaristik auszutauschen. Wissen und Erfahrungen weitergeben, vom Wissen und den Erfahrungen anderer profitieren. Auf den ersten Blick findet man dort unzählige Aquarianer. Wirklich Gleichgesinnte finde ich tatsächlich nur sehr wenige, denn leider scheißt – sorry, aber das trifft es leider auf den Punkt – ein großer Teil der dort anwesenden Aquarianer auf das Wohlbefinden der ihnen anvertrauten Fische.
ACHTUNG! Nachfolgender Text enthält Ironie!
Fische in der Hand
Ein Foto machen ist ja so anstrengend, da schwimmt der Fisch doch ständig da herum, wo man ihn nicht gut fotografieren kann. Das Licht passt nicht, die Pflanze ist davor und ich möchte ja auch ein bisschen mit der Größe meines Fischens auf den Putz hauen. Ach was solls, raus mit dem Vieh, ab in die Hand. Gut festhalten, endlich ein „schöner“ Schnappschuss. Nochmal schön über die Schleimhäute reiben. Prima.
Was ist schon Nitrit
Auch absolut unerträglich ist diese Warterei, bis so ein Aquarium mal ordentlich eingefahren ist. Sechs Wochen warten ist voll langweilig und auch gar nicht mehr modern. Wasserchemie, Stickstoffhaushalt, ist alles heute doch ganz anders als vor 20-30 Jahren. Das muss schneller gehen. 14 Tage, max. Das muss reichen! Der Nitrit-Test ist noch pink? Egal, da mache ich mal einen großen Wasserwechsel und dann passt das schon. Auf gehts, Fische kaufen.
Fische im Goldfischglas
Hach und diese stylischen Goldfischgläser. Es geht doch nichts über so natürlich Deko für das traute Heim. Aber da müssen dann doch wenigstens ein paar Zwergbuntbarsche rein, sonst ist es öde.
Die Tiere bekommen bei jeder Reinigung einen Herzkasper, weil ihnen kein Rückzugsort haben, aber dafür gibts danach dann ein Leckerchen. Alles wieder fein. Das Wasser in dem viel zu kleinen Behältnis ist zwangsläufig ungefiltert.
Die Wasseroberfläche ist durch die Form des Gefäßes – gemessen am Gesamtvolumen – für einen Gasaustausch viel zu klein. Die Wasserwerte unterliegen unzumutbaren Schwankungen und nicht zuletzt ist das Gesamtvolumen fern dem, was als Mindestvolumen für die dauerhafte Haltung solcher Tiere vorgeschrieben wird. Hach, aber es ist doch so schön und es macht doch so Spaß und außerdem leben sie doch noch. Also so schlimm kann es ja wohl nicht sein.
Fisch lebt = Haltungsbedingungen perfekt!
Das sind nur drei Beispiele dessen, womit ich mich in den wenigen Monaten auf Instagram mehrfach konfrontiert sah. Das Schlimme ist, es gibt nicht nur sehr viele dieser ignoranten Tierquäler, es gibt mindestens genauso viele Menschen, die solche Beiträge liken und einen netten Kommentar da lassen.
Wagt es tatsächlich jemand den Mund aufzumachen – und damit meine ich nicht mal mich selbst – dann findet sich schnell eine Gruppe genauso ignoranter Gestalten zusammen, die dem armen „gemobbten“ Aquarianer zu Hilfe eilen.
Enttäuscht
Nicht selten merke ich in solchen Situationen, dass es mal wieder ganz viele Menschen geschafft haben, mich zu täuschen. Leute, die sich mir über Monate als Tierfreunde dargestellt haben, halten sich lieber raus, wenn es darum geht, dass Fische unter miesen Bedingungen gehalten werden. Meinung und Rückgrat zu haben, kann möglicherweise Abonnenten kosten, und man möchte ja schließlich für Sponsoren attraktiv bleiben. Verständlich, da stehen Nutzen und Risiko ein keinem angemessenen Verhältnis zueinander. Selbst eine stille Zustimmung in Form eines Likes am Kommentar des Mutigeren ist nicht drin.
Dem nicht genug wird häufig sogar nach Rechtfertigungen gesucht. Da ist man dann mit knapp 20 Jahren noch zu jung um einzusehen, dass man Fische quält, wenn man sie in einem kleinen Goldfischglas hält. Oder es tritt die „Tuwasdirguttutfraktion“ auf den Plan und legt fest, wenn es dir Spaß macht, ist das okay. Es werden sogar Vergleiche zwischen einem Goldfischglas und dem Meer angestellt. Da fragt man sich, ist es mit der Medizin wie mit dem Stickstoffhaushalt? Alles überholt? Geht ohne Hirntätigkeit vielleicht doch noch was?
Vorher schlaumachen
Als ich mit der Aquaristik begonnen habe, hatte ich noch kein Internet. Heute ist es leichter denn je, sich Informationen zu beschaffen, bevor man sich ein Tier hält.
Man muss nur bereit sein, sich mit dem Thema zu befassen und zwischen seriösen und unseriösen Informationen zu unterscheiden. Aber hier ist bereits der nächste Problempunkt. Jeder kann heute eine Website ins Netz stellen und dort fast jeden Unfug als Wahrheit verkaufen.
Wenn man dann unbedingt Fische im Goldfischglas halten möchte, sucht man einfach so lange, bis man eine Website findet, die einem bestätigt, dass das okay ist. Und wenn man lange genug sucht, findet man auch Websites, auf denen geschrieben steht, dass Fische Nitrit überleben. Durch die vielen Wasserwechsel müssen sie halt durch. Geritzt.
Ansichtssache
Ich mag keinen künstlichen Kram in Aquarien. Becken, die an einen Kaugummiautomaten erinnern, finde ich grauenhaft. Kunstpflanzen gehören für mich im Altenheim aufs Klo. Aber nur, wenn es dort kein Fenster gibt. Blubbernde Schatztruhen, Taucher, versunkene Schiffe, abgestürzte Hubschrauber, SpongeBob, Totenschädel und Co. finde ich schon im Ladenregal schrecklich. Aber all diese Dinge verbuche ich unter Geschmackssache, Ansichtssache, was auch immer. Fische würden zwar durchaus von einer natürlichen Deko/Bepflanzung profitieren, aber es ist nicht so, dass den Tieren hierdurch jetzt aktiv Leid zugefügt wird. Seelisch vielleicht? Keine Ahnung. Scherz!
„Mittäter“
Aber wenn Tieren offensichtlich Leid zugefügt wird und das, nur damit jemand Spaß hat, dann ist das für mich Tierquälerei, unverzeihlich und hat nichts mit Meinung, Geschmack oder Ansichtssache zu tun.
Bei Hund, Katze, Pferd und einigen anderen Haustieren mehr, haben die Tiere die Chance, dass Außenstehende auf eine schlechte Haltung aufmerksam werden. Fische sind ihren Haltern fast immer auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Niemand sieht oder hört jemals was sie erdulden müssen.
Wenn ich dann auf einer Plattform wie Instagram Kenntnis davon erlange, dass hier ein Lebewesen unnötig unter unzumutbaren Bedingungen gehalten wird, dann sehe ich es als meine Pflicht an, diesem Tier zu helfen. Wenn ich schon nicht aktiv helfen kann, dann wenigstens mit Worten.
Finden sich nicht 1-2 Leute, die den Mut aufbringen, die Problematik offen anzusprechen, dann findet man unter diesen Posts nur positive Reaktionen und das wiederum vermittelt dann vielen Anfängern das Gefühl, es wäre in Ordnung so zu handeln.
Jeder der hier bewusst wegsieht, den Mund hält oder – schlimmer noch – Worte der Verteidigung findet, leistet in meinen Augen Beihilfe zur Tierquälerei.
Mehr Schein als Sein
Ganz ehrlich, ich bin fassungslos! Fassungslos über so viel Gleichgültigkeit dem Tierwohl gegenüber und mindestens genauso fassungslos, über die Masse an Menschen, die ihre Liebe zu den gehaltenen Tieren allem Anschein nach nur heuchelt.
Das Wohl eines Tieres – und sei es auch nur ein Fisch – sollte nicht darunter leiden müssen, dass Menschen neuen Kontent für ihren Social-Media-Kanal brauchen.